Ein Artikel von Dianne Bortoletto

Weltbewegende Kunstwerke, beeindruckende Landschaften, zum Leben erweckte Geisterstädte und ein Pub mit einem Stammgast auf vier Hufen sind nur einige der erstaunlichen Entdeckungen, die man bei einer Reise rund um den Lake Ballard, tief im Golden Outback von Westaustralien, machen kann.

Es ist gut vorstellbar, dass der Ausdruck „am Rande der Ewigkeit stehen“ von jemandem stammt, der an den Ausläufern des Lake Ballard stand und dort die Szenerie auf sich wirken ließ. Diese karge Landschaft besteht aus einer scheinbar endlosen, salzverkrusteten und 4900 Hektar umfassenden Fläche. Eingebettet in die überwältigende Abgeschiedenheit des Golden Outback, knapp neun Autostunden von Perth entfernt.

Der Reiz eines Ausflugs zum Lake Ballard besteht hauptsächlich darin, sich in herrlicher Isolation von der Außenwelt mit ihren Menschenmassen und modernen Technologien zu befinden. Dennoch hat man hier das Gefühl, beobachtet zu werden. Das liegt daran, dass der Lake Ballard mit seinem nahezu 360 Grad umfassenden Blick auf den Horizont die perfekte Kulisse für eine der größten Outdoor-Galerien der Welt ist.

„Inside Australia“ wurde 2003 vom britischen Künstler Antony Gormley mit Erlaubnis von Paddy Walker, dem Aboriginal Elder des Wangkatha-Volkes, installiert. Bevor Gormley an dieser heiligen Stätte mit seinem Kunstprojekt begann, erzählte Walker ihm eine Traumzeitgeschichte von sieben Schwestern, die zum Spielen an den See kamen. Beim größten Hügel im See soll es sich um die älteste Schwester handeln.


Antony Gormley Skulpturen bei Lake Ballard

Antony Gormleys Skulpturen am Lake Ballard


Inspiration im Outback

Der nächstgelegene Außenposten am Lake Ballard ist Menzies, eine ehemalige Goldgräberstadt. Früher lebten hier rund 5000 Menschen. Doch im Laufe der Jahre ist die Bevölkerung auf etwas mehr als 100 Einwohner zusammengeschrumpft. An diesem Ort holte sich Gormley die Inspiration für sein Projekt: Die 51 lebensgroßen Skulpturen, aus denen „Inside Australia“ besteht, beruhen auf der Anatomie der Einwohner von Menzies. Ein Ganzkörperscanner, wie er auch in Hollywood für Animationen verwendet wird, wurde in die abgelegene Stadt transportiert. Dort fanden sich schnell Freiwillige für das Projekt. Jeder Körperscan wurde von dem - mit dem Turner Prize ausgezeichneten - Künstler in eine abstrakte schwarze Stahlfigur verwandelt.

Betrachtet man die Skulpturen aus der Ferne, so wirken sie fast gespenstisch - ähnlich einer Fata Morgana am Horizont. Kommt man ihnen aber näher, erwachen sie zum Leben und stehen stolz und aufrecht vor dem Betrachter. Die Figuren, die in einem Abstand von 500 Metern aufgestellt und über eine Fläche von 10 Quadratkilometern verteilt wurden, sind nur zu Fuß erreichbar. Im Sommer ist die salzhaltige Oberfläche trocken, weiß und mit Rissen überzogen und bildet einen beeindruckenden Kontrast zum endlosen blauen Himmel. Mit dem Winter kommt der Regen, der die Oberfläche in zähen Schlamm verwandelt, den man am besten barfuß durchquert.

Möchten Sie die Figuren aus nächster Nähe betrachten und zwischen ihnen hin und her wandern, dann brauchen Sie ein paar Stunden. Deshalb ist das A und O für diesen Ausflug: Nehmen Sie ausreichend Wasser, Sonnencreme, Hüte und Essen mit. Camper, die als Selbstversorger unterwegs sind, können sich auf dem Campingplatz am Lake Ballard niederlassen. Tipp: Beobachten Sie Gormleys Statuen während der sich im Laufe des Tages ständig verändernden Farben des Sees. Sie reichen von einem pastellfarbenen Ton bei Sonnenaufgang bis zu einem leuchtenden orangenen Himmel in der Dämmerung.


Luftaufnahme von Lake Ballard

Lake Ballard, in der Nähe von Menzies


Nehmen Sie sich Zeit für Menzies

Für den Besuch des Lake Ballard sollten Sie etwas mehr Zeit mitbringen, denn auch einige der entlegenen Orte in der Nähe sind unbedingt einen Besuch wert, allen voran die Goldgräberstadt Menzies. Fünfzig Kilometer nordwestlich vom Salzsee liegt dieser Ein-Straßen-Ort, der viel Flair ausstrahlt und in dessen Zentrum ein Rathaus und ein Uhrenturm aus der Kolonialzeit stehen. Erbaut wurde Menzies 1896 - zwei Jahre nachdem der amerikanische Entdecker Robert Menzies dort Gold gefunden hatte. Weitere sehenswerte Beispiele für die Architektur des 19. Jahrhunderts sind das Besucherzentrum, in dem ursprünglich das Lady Shenton Hotel untergebracht war, die Metzgerei mit Teestube, in der kürzlich Donna's Cafe eröffnet hat, sowie das The Menzies Hotel, das Zimmer und Mahlzeiten anbietet. Weitere Unterbringungsmöglichkeiten im Ort gibt es beim Wohnwagenpark, der über moderne Anlagen für Camper und Wohnmobile verfügt. Dort werden auch einige Cabins vermietet.

Das hübsche Achievable Outback Café möchte Besucher mit seinem Namen darauf aufmerksam machen, dass sich die Gegend auch für einen barrierefreien Urlaub eignet. Auf der Karte stehen hier Milkshake, Toasties und der wohl beste Kaffee der Umgebung. Gegenüber befindet sich eine frühere Tankstelle mit alten Zapfsäulen und einer 30 Meter langen Mauer, die mit Hunderten Nummernschildern aus aller Welt verziert ist und sich hervorragend als Kulisse für ein Instagram-Foto eignet.


Menzies Streetscape, Menzies

Das Rathaus von Menzies


Geister der Vergangenheit

Ein Fotomotiv nach dem anderen bietet sich demjenigen, der in Gwalia unterwegs ist. Dieser Ort am Rande von Leonora liegt ungefähr eine Autostunde nördlich von Menzies entfernt. Das Gwalia Ghost Town & Museum ist eine Geisterstadt, in der die Zeit stehen geblieben ist. Hier bekommt man einen guten Eindruck davon, wie das Leben während des Bergbaubooms aussah. Dieser dauerte bis zum Jahr 1963. Dann wurde die Goldmine geschlossen, und es kam zu einer Massenabwanderung. Schlendern Sie durch die verlassenen Gebäude und erkunden Sie die früheren Farmen, die mit verrosteten Oldtimern und landwirtschaftlichen Geräten vollgestellt sind. Sie werden sich wie am Set eines alten Westerns fühlen!

Das Hoover House dagegen steckt noch immer voller Leben. Es wurde 1898 vom damaligen Bergwerksleiter Herbert Hoover erbaut, bevor er zurück in die USA ging und schließlich zum 31. Präsidenten des Landes gewählt wurde. In dem historischen Haus unweit von Gwalia ist jetzt ein Bed and Breakfast untergebracht, das über drei geräumige Zimmer, einen üppig bewachsenen Garten und eine große Veranda verfügt. Letztere ist der perfekte Ort für ein Mittagessen, einen Devonshire-Tee oder die Spezialität des Hauses, die sich Hoover Gold nennt. Dabei handelt es sich um einen Kuchen, der auf Hoovers Lieblingsaromen beruht, nämlich Süßkartoffel, Bourbon, Karamell und Marshmallow.

Eine zweistündige Fahrt östlich von Menzies entfernt liegt Kookynie. Diese noch „lebende“ Geisterstadt zählt nur 13 Einwohner, welche die Gäste, Goldsucher, Bergbauunternehmer und Viehhüter versorgen. Genau genommen sind es sogar 14 Einwohner, wenn man das Pferd Willie dazuzählt. Es läuft immer so lange frei in der Gegend herum, bis es Hunger bekommt. Am liebsten schreitet Willie auf seiner Futtersuche direkt ins Grand Hotel hinein, wo er inzwischen zur Attraktion geworden ist. Tipp: In dem charakteristischen Outback-Pub befindet sich eine herausragende Sammlung von Relikten aus der Zeit des Goldrausches.


Touristen, die Gwalia Geisterstadt, Gwalia erkunden

Die Geisterstadt von Gwalia


Groß und mächtig

Auf der 130 Kilometer langen Fahrt in das südlich von Menzies gelegene Kalgoorlie-Boulder färbt sich die Erde rot und die Vegetation besteht nun aus Mulga- und Tecticornia-Sträuchern, Eukalyptusbäumen und dichten Wäldern. Die mit 30.000 Einwohnern größte Stadt im australischen Outback ist vom Grün der Great Western Woodlands umgeben, dem weltweit größten zusammenhängenden Waldgebiet in der gemäßigten Klimazone. Es ist doppelt so groß wie Tasmanien!

Überall finden sich hier Überreste aus der Goldgräberzeit. Durch die prächtigen Gebäude und Straßenzüge aus der Kolonialzeit bekommt man einen guten Eindruck davon, wie es hier früher ausgesehen haben muss. Heute trifft man hier jedoch auf Hotels, Kneipen, Bars, Cafés und Geschäfte. Auch das hektische Treiben am Flughafen, in den Supermärkten und den vielen Läden wirkt erst einmal befremdlich, wenn man vorher mehrere Tage in den kleinen Örtchen rund um den Lake Ballard verbracht hat.

Das Golden Outback ist unglaublich abwechslungsreich und faszinierend. Von der Energie des uralten Landes der Wangkatha über die vielseitige europäische Geschichte bis zu den markanten Gormley-Statuen und den faszinierenden Geisterstädten - die Erkundung dieser Region ist ein einzigartiges Erlebnis. Die unendlichen Weiten des westaustralischen Golden Outback machen den Kopf frei und schärfen die Sinne.


Museum of the Goldfields, Kalgoorlie-Boulder

Das Museum of the Goldfields in Kalgoorlie-Boulder


Veröffentlicht im August 2022.