Bietrag von Bruce Elder


Knirsch, knarz, knirsch, knarz, knirsch, knarz! Das ist das Geräusch, das mich begleitet, während ich mich langsam, ganz langsam, über den Lake Ballard bewege.

Das Knirschen kommt vom Salz in dieser riesigen Salzwüste. Das Knarzen vom roten Schlamm, der unter der Oberfläche liegt und so weich ist, dass er sich bei jedem Schritt zusammenzieht.

Warum sollten Sie mitten im Outback auf einen Salzsee hinauswandern? Nun, der Lake Ballard beherbergt Skulpturen des britischen Bildhauers Sir Antony Gormley, der sie auf strategisch günstige Weise über die blendend weiße Salzpfanne verteilt hat.

Das bekannteste Kunstwerk des international gefeierten Künstlers Gormley dürfte die riesige und wunderschöne Statue „Engels des Nordens“ im englischen Gateshead (Tyne and Wear) sein. Er wurde vom Perth International Arts Festival beauftragt, ein Werk für das 50-jährige Jubiläum im Jahr 2003 zu schaffen. Für Inside Australia reiste er in den winzigen Ort Menzies und brachte 51 Einheimische (und ein paar zufällig vorbeikommende Besucher) dazu, sich nackt auszuziehen. Anschließend scannte er ihre Körper digital, fertigte lebensgroße Abgüsse an und goss sie in eine Edelstahllegierung.

Die winzige Stadt (es gibt es nicht mehr als einen Pub, einen Gemischtwarenladen, ein imposantes Rathaus, eine Polizeistation und rund 100 Einwohner) liegt 130 Kilometer nördlich von Kalgoorlie. Während der Blütezeit des Goldrausches in den späten 1890er-Jahren lebten hier jedoch über 10.000 Menschen.

Die Reise nach Menzies führt über eine schnurgerade, flache Straße, auf der man mit etwas Glück alle halbe Stunde einen Road Train überholen kann. Die Mühe wird mit einem fantastischen Ausblick und der Schönheit der vereinzelt stehenden Gestalten auf diesem weitläufigen, flachen, strahlend weißen Salzsee belohnt.

Um zum Salzsee zu gelangen, verlassen Sie die Stadt in westlicher Richtung auf einer 50 Kilometer langen unbefestigten Straße, bis Sie ein Schild sehen, auf dem „Lake Ballard“ steht. Einige Kilometer nach der Abzweigung erreicht man den Rand einer Salzwüste, die sich bis zum Horizont erstreckt. Hier stehen 51 Skulpturen, die in der Ferne verschwinden.

Lake Ballard

 Lake Ballard



Ich greife meine Kamera und gehe zielstrebig auf die nächstgelegene Figur zu. Dann entdecke ich gleich hinter der ersten Skulptur eine kleine Anhöhe. Das Panorama über dem See ist einfach zu verlockend und ich mache mich an den leichten Aufstieg. Beim Blick über das riesige, schimmernde Weiß sehe ich rote Pfade (von Schritten freigelegter Schlamm), welche die einzelnen Statuen wie ein feines Spinnennetz verbinden. Dass die Werke durch die von den Besuchern geschaffenen Pfade miteinander verbunden werden, ist ganz im Sinne von Gormleys visionärem Werk.

Ich steige den Hügel wieder hinunter und gehe zu einer anderen Statue. Hinter ihr kann ich eine weitere sehen, dann noch eine, und wieder eine in der Ferne. Ich werde einfach den Pfaden folgen.

Doch je weiter ich vorankomme, desto anspruchsvoller wird die Wanderung, die von der Spitze des Hügels aus so einfach aussah. Ich beginne einzusinken, als das Salz unter meinem Gewicht aufbricht und der weiche Schlamm sich um meine Schuhe legt. Mit jedem Schritt bewege ich mich langsamer und vorsichtiger.


Lake Ballard

 Lake Ballard



Es ist nicht immer einfach, aber die Statuen des Ballard-Sees sind die Mühe wert. Sie bieten ein unvergessliches, fast mythisches Kunsterlebnis. Die Figuren erinnern an alte Abbildungen der Aboriginal People, etwa an die Quinkan-Galerien und die Bradley-Zeichnungen in den Kimberleys.

Nur wenige Menschen besuchen alle Skulpturen. Das macht aber nichts, denn der Anblick einer einzelnen Figur, die im Hitzedunst am Horizont schimmert, ist an sich schon etwas Poetisches und Unvergessliches.

Vor meiner Reise zum See habe ich im Kalgoorlie Visitor Centre eine DVD über das Projekt erworben. In dieser faszinierenden einstündigen Dokumentation erinnert sich Gormley an sein erstes Erlebnis mit dem See: „Man erreicht das Ufer ... und es ist absolut magisch. Ein Gefühl, als stünde man an der Nahtstelle zur Unendlichkeit, am Rande der Welt.” Über das Projekt sagt er: „Ich versuche, mir das Innere dieses Kontinents und das Innere der Bevölkerung vorzustellen und beides miteinander zu verbinden.“

Nach meinem Rundgang durch die Landschaft kehre ich am frühen Nachmittag zum Auto zurück und warte. Ich weiß, dass das warme Licht des späten Nachmittags dem See einen ganz besonderen Zauber verleiht. Ich werde nicht enttäuscht. Beim Sonnenuntergang über dem See wirft jede der Skulpturen einen langen Schatten, der sich über das Salz ausbreitet. Dann, als das Licht golden wird und in die Dämmerung übergeht, scheinen sich Gormleys atemberaubende Kreationen in der Landschaft aufzulösen.